Von Mailand nach Gräfenhain
9 Juli 2019
Giorgio Parolini fasziniert erneut bei seinem Gastspiel an der Thielemann-Orgel der Dreifaltigkeitskirche.
Zum wiederholten Male kehrte der Mailänder Organist Giorgio Parolini an die in den Jahren 1728 bis 1731 erbaute Thielemann-Orgel in der Gräfenhainer Dreifaltigkeitskirche zurück. Erfreulicherweise hatte er in sein überwiegend aus deutschen Komponisten bestehendes Programm auch Vertreter der italienischen Orgelkunst eingebaut.
Die Reihenfolge der Stücke richtete Parolini nach den Geburtsjahren der Komponisten aus. Sie begann mit dem aus der norddeutschen Orgelschule stammenden Georg Dietrich Leyding (1664-1710) und dessen geradlinigem, mit Echowirkungen durchsetzen Präludium Es-Dur. Feine Variationen der Choralmelodie enthielt dessen ideenreiche und verspielte Choralbearbeitung „Wie schön leuchtet der Morgenstern“.
Bachs Fantasie zum Dank und Andenken
Von Johann Sebastian Bach (1685-1750) folgte die berühmte Toccata mit Fuge d-Moll BWV 565, bei der Parolini die Thielemann-Orgel in rasantem Tempo in mächtiges Brausen versetzte. Kontrastreich hierzu waren zwei ruhige und liedhafte Choralbearbeitungen Bachs zu hören, „Schmücke dich, o liebe Seele“ BWV 654 sowie „Von Gott will ich nicht lassen“ BWV 658. Wie farbenreich sich Orgelmusik aus Italien anhört, war in den beiden folgenden Stücken zu erleben. In einem melodiösen Pastorale Domenico Zipolis (1688-1726) kam auch der Zimbelstern der Orgel zum Einsatz, während eine Flötensonate von Giambattista Martini (1706-1784) sich kunstvollen, perlenden Läufen erging. Dieses in ruhig bewegtem Zeitmaß wiedergegebene Werk war so recht zur inneren Erbauung geeignet.
Wie bei früheren Auftritten in Gräfenhain setzte Giorgio Parolini Werke des Bach-Schülers Johann Ludwig Krebs (1713-1780) ans Ende des Programms.
Zunächst erklangen von ihm zwei Choralvorspiele, ein kräftig ausgespielten „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ sowie „Herzlich lieb hab ich dich, o Herr“, das der Organist in freundlichen, zurückhaltenden Registern anlegte. Unverkennbar war dann die Nähe zu Bachs Toccata und Fuge BWV 565 in dem abschließenden Präludium und Fuge C-Dur con Krebs. Wie dort gab es zunächst einen stürmischen ersten Teil, von Parolini meisterlich vorgetragen, dem sich in flottem Tempo und vollem Orgelklang eine groß angelegte Fuge anschloss. Mit einem rundum ausgekosteten Schlussakkord endete dieses packende Orgelkonzert am Sonntagnachmittag.
Für den anhaltenden Applaus bedankte sich der Mailänder Organist mit Bachs Fantasie C-Dur BWV 570, die er einer am Vortag viel zu früh verstorbenen jungen Frau aus seinem Bekanntenkreis widmete
Horst Gröner (“Thüringer Allgemeine”, 09/07/2019)